20110720

#198 mit susanne schulz, geige/reinhard kreckel, perkussion/ brigitte geuss, monochord, stimme uvm.

das kulturhostel ist am rande von bochum, am berg, mitten im wald. eigentlich ist's hier schön, alles ein klein bisschen unterbetreut vielleicht. die jungen leute, die man hier und da trifft, sitzen am liebsten in einer gepolsterten ecke draussen rechts vor dem überdachten eingang. man hat den eindruck, sie fühlen sich wohl hier. 

massen von unverteilten flyern in einer kiste im korridor, der das neue hostel mit dem alten naturfreundehaus verbindet. sehr viele wurden aber auch verteilt. das konzert ist trotz angeblich guter werbung nur schlecht besucht.

nachdem schon fast alles verkabelt ist, entscheiden wir, doch lieber akustisch zu spielen. alles geht hier entspannt zu, so auch der einstieg in das marathon-konzert #198. rechts und links aussen sitzen brigitte geuss und reinhard kreckel, susanne schulz und ich in der mitte. ich erwähne das deshalb, weil ich das ganze konzert über den eindruck habe, dass kreckel und geuss vor allem uns zwei begleiten und deshalb diese musiker-anordnung auch sinn macht.  

das konzert hat zunächst etwas sehr statisches. meditatives standby. kleines schnelles gehusche, eine verlorene zigeuner-geige, der konga-rhythmus bricht ab und formiert sich neu, meine stimme will grundsätzlich was ganz anderes, versucht aber, zu verbinden. das cello will sich nicht so recht einpassen.
dann geht susanne ans e-piano, was der unentschlossenen vielfalt noch ein sahnehäubchen obendrauf gibt. 

verglichen mit den konzerten an den tagen davor, ist hier eindeutig weniger gemeinsame konzentration, weniger allgemein-gemeinsame spielfreude. alles wird aber sofort besser, als dann das e-piano wie gezupft klingt und über die vielfalt dessen, was passiert, allmählich die gemeinsame improvisation so vernetzt ist, dass über lange strecken ein ganz unverwechselbarer mix entsteht. 

ein kleines duo zwischen konga-rhythmus und klängen der mundharmonika wird aufgefüttert durch geräusche von reinhard kreckel, die wie reißverschlüsse oder eine alte schreibmaschine klingen, die mundharmonika mischt sich gut mit der geige, der rhythmus zieht an...und verliert sich.

zigeunerhaftes, susanne rettet mit ihrer geige. oft hält auch der rhythmus die improvisation zusammen. gleichfalls die schönen, ruhigen gesänge von brigitte zu ihrem monochord. 
und wieder stärkt susannes geige das ensemble. nach gut der hälfte des konzertes kann man behaupten: so, jetzt habt ihr einen gemeinsamen nenner gefunden, nach 25 minunten. manchmal braucht es eben so lange. <hat sich gelohnt>.  

ich versinke weiter stimmlich in der modalen suppe.  doch unerwartet löst sich dann dieser nebel auf und es gibt ein schönes lautmalerisch-perkussives intermezzo,  susanne leise quietschend an der geige. schnaufen, schnauben. ich scheine etwas zu erzählen. die frage des inhalts stellt sich nicht.

reibender rhythmus. das cello jault leise, jammert lustig. freies duo mit susanne...so einen lechzer nach musikalischer freiheit tut diesem konzert gut.  und die freiheit wird in den gemeinsamen rhythmischen teil, der dann anschliesst, weitergetragen. tänzerisch. dann rasselnd, prasselnd, laut, grotesk.  es wäre ein schönes ende. ich sage ja, das wars, denn ich höre das 19uhr-glockenläuten.

brigitte hört mich/es aber nicht oder später, denn sie schiebt noch 2 takte auf ihrer konga hinterher. wenn man je was veröffentlicht, kann man das aber ja rausschneiden...

sehr leise zugabe, die auf den ausklingenden kirchenglocken auftaucht. 



roland graeter
+49 178 1364746
roland.graeter@gmx.net
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#197 mit xenia narati, harfe in der friedenskirche, essen

in dieser wundervollen jugendstilkirche mit dieser wundervollen harfinistin und in dieser wundervollen akustik kann ein konzert eigentlich nur gelingen. 
der rezensent markus zaja in seinem beitrag auf wordpress sieht das so: 


abgesehen von kleinen irritationen und kleineren ausrutschern meinerseits, die es bei völlig freier improvisation leider fast immer gibt und die man in einem perfekten ambiente natürlich besonders gut wahrnimmt, verläuft unser duo sehr harmonisch. in dieser begegnung ist es weniger die perfekte verzahnung, die im vordergrund steht, sondern das gegenseitige raum lassen. einmal ist xenia narati die solistin, dann wieder ich.

zwischen den einzelnen teilen grosse, tastende räume. tiefe gesänge und ein bisschen tamburin zu heruntergedrehten harfensaiten. wirklich gut. nichts sprunghaftes. sehr ausführlich.  

die nächste passage des konzertes, von der mundharmonika mitbestimmt, die als musikalischen fremdklecks taugt, und doch so schön von der harfe verarbeitet wird. 

und auch, als sich die stimme mitsamt mundharmonika und teilweise trompetend oder flatternd noch weiter, frecher, und für sekundenbruchteile unsere musik in frage stellend, vorwagt, folgt xenia narati dieser exkursion, die dann auch schon unser konzert beschliesst.

ich glaube, ich habe vieles vergessen zu beschreiben...so intensiv habe ich mich jetzt unter dem kopfhörer in dieses konzert versenkt... 

lange zugabe mit ruhigem ende.



roland graeter
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#196 mit matthias nahmmacher im lichtturm solingen

ich singe zu beginn...mal wieder...ein singsang in die luft, skandiert durch cello-gezupfe und flötenklappen-klappern. nahmmacher fährt gleich zu beginn den spieldruck nach unten, ich denke kurz, aha, er will eher intuitiv-meditative musik...sein spiel bleibt das ganze konzert über ruhig und zurückhaltend-kontrolliert. aber: wir bleiben immer in verbindung, das hören reisst niemals ab. und so wird die #196 ein aussergewöhnlich sensibles konzert in diesem wundervollen lichtturm solingen. 
wir schweben in den baumkronen und alle zusammen in einer musikwolke. 

näher als das cello ist der querflöte die stimme.  mit ihr komme ich besser an die klangfärbungen und phrasierungen der flöte heran... 
besonders schön dann eine stelle, an der ich mit dem cello auf einer einzigen tonhöhe, rhythmisch strukturiert verweile und matthias um diese herum ein wunderbares solo spielt. 

dann kommt unversehens eine ganz andere stimmung auf,  eine hommage an die neue musik der 70er jahre.  was nahmmacher auf einem stückchen flöte produziert, hört sich an wie wildes schnauben, dann  höre ich von ihm lautmalerei, die er in die flöte singt. dazu pizzikato und stimme. 

ein weiteres neues stück ist sehr delikat: meditativ getragen, dennoch schief, weil die harmonie der mundharmonika nicht zum rest passt.  die stimme kann ich an nahmmachers stille, tiefe töne angleichen,  den klang der mundharmonika kaum. so benütze ich sie nur sehr fragmentarisch, als farbtupfer zum duo gesang/flöte.

nahmmacher wird immer noch ruhiger, meditativer, mein gesang endet in sprache und verebbt grummelnd.

zurück zum cello. rauchige verzierungen zu immer ruhigeren flötentönen. nahmmacher verstummt irgendwann ganz, ich spiele das cello ziemlich grob und solistisch weiter...eine kleine weile, dann wechsel zu schnellem, filigranem spiel, lange, grobe töne lasse ich immer mal wieder dazwischenrutschen. 

nahmmacher macht etwas perkussives mit den flötenklappen, ich greife zum tamburin, pfeife leise, versuche, das klappern der töne nicht zu übertönen, bringe sprachfetzen ins spiel...inzwischen höre ich wieder mehr von meinem partner, ein sehr kohärentes duo zwischen flötenklappern, flöten-ansätzen, immer mehr klingende töne. es wird dezidiert heftiger...

dann ein von nahmmacher geführtes stück, stakkato und sehr rhythmisch, auch kleine musiktheatralische elemente kommen vor, sind aber niemals länger im vordergrund. 

das bei weitem merkwürdigste ist eine kleine einlage mit den drei mikrotonalen pfeifen.  ein sehr kurzes solo. bewegungen im raum. jemand verlässt das konzert.  

auch das nächste duo, wieder stimme und flöte, beginnt ruhig.  bestimmt wird es durch kehlkopf-vibratos, kehlkopf-manipulationen und mund-zuhalten. die flöte bleibt ruhig und zurückhaltend,
hört und reagiert aber sehr gut, auf das, was passiert. 

sehr hohe stimmlagen, dann entspannt meditativ. <less go for my heart> oder etwas nahe dran singe ich.
 
ausklang mit einem schönen, getragenen flöten-solo, in das ich mit einem einzigen cello-ton einsteige, man hört wind und stimmen in der ferne. 

ein wunderschönes konzert mit langem beifall. 

zugabe: nahmmacher beschränkt sich lange auf ein konstantes, klingendes <dub, dub, dub...> ein klingendes tropfen...worüber ich ein vokales solo entwickle, das den kontakt zum puls vor allem durch einige pizzikati auf dem cello herstellt. unerwarteter, aber stimmiger, gemeinsamer abbruch.

im zweiten teil gibt es gruppen-improvisation. etliche leute aus dem publikum haben instrumente mitgebracht.  ein 2-jähriger bub spielt auf einem kleinen xylophon mit.  er macht das gut, wird aber, als immer mehr musiker in die session einsteigen, von seinen eltern zurückgepfiffen.  



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