20110723

#202 mit jens moritz in der weindeele röttgers, taubeneiche warstein

der anfang ist vielversperchend, leicht, so hätte es bleiben können.  nach den ersten zehn sehr gut untereinander verdrahteten minuten hört man, dass sich eine kleine schlagseite einstellt, dass zu wenig raum für musikalische ideen gelassen wird...
nein, es stimmt so nicht, es ist eigentlich raum da, aber zuviel absicht: absicht zu gefallen, absicht, den anderen auf seine musikalische seite zu ziehen: ich will da lang, ich will da lang. ich will tonal, ich will atonal: und was siegt? auf weite strecken die tonalität.
 
oder ist es so, dass ich der tonalität folge und jens folgt mir, indem ich viel mit der stimme mache und dadurch das klavier in eine begleitfunktion dränge? 

dadurch, dass ich mich immer wieder aus der woge seines spiels weit ins hören zurückziehe, gelingt doch ein sensibler austausch, denn jens nimmt das natürlich wahr und agiert und reagiert ausgewogen darauf. 

gefühlsmässig war für mich vielleicht das 'ununterbrochene' von jens moritz' spiel während des konzertes etwas anstrengend, jetzt höre ich aber, dass wir fast in jedem moment mit dem ohr zusammen geblieben sind und die überleitung von einer musikalischen atmosphäre in die andere, auch von tonalen in abstraktere bereiche hört sich rund und gelungen an.

bei diesem konzert bremse ich die häufig und immer wieder  versuche ich, mich durch vorsichtigen gesang weit in jens moritz bevorzugte muster einzuordnen oder höre ihm, wenn mir das nicht mehr gelingen mag, einfach zu. 

einmal breche ich eine sehr romantische passage mit schrägem cello-gezupfe und jens folgt mir dabei sehr einfühlsam und flexibel. nicht sofort, sondern sanft sein eigenes spiel umlenkend. das finde ich sehr beeindruckend, denn in solchen situationen, also wenn mir jemand <in den weg spielt>, würde ich wohl abrupter und weniger elegant reagieren bzw. umsteigen. 

wie als ob wir etwas nachholen müssten, spielen wir dann wesentlich länger als 36,5 minuten.  inzwischen agiere ich fast nur noch mit der stimme oder ich garniere, am cello zupfend, den spielfluss mit kleine irritationen.

wenn ich jetzt eine wesentliche kritik unseres konzertes geben soll, dann ist es doch vor allem die, dass wir den schluss verpasst haben.  denn hintenraus tröpfelt unser duo mit immer weniger profil weiter. 

ja, ein bisschen kürzer, und alles wäre eine ziemlich runde sache gewesen. 

vor allem: es schliesst sich jetzt nahtlos  ein experimenteller, freier teil an (jens greift in die saiten und produziert andere sounds ausserhalb der tasten). zumindest hätte da eine zäsur hergehört. nahtlos geht es auch zurück in harmonikalere gefilde, ich bleibe allerdings dem freien spiel treu, inzwischen bei der bambusflöte angelangt.
dann über dem spiel von jens, das manches mal an salonmusik erinnert,  lange, mit der mundharmonika verfremdeter, monotoner gesang... 

es hört nicht auf, es hört nicht auf, das konzert hört einfach nicht auf...

fast eine stunde spielen wir.

die obligatorische zugabe:
nochmal was freies zu beginn...und wieder, wie zur abrundung,  läuft auch di zugabe zurück in den strom der tonalität.

roland graeter
+49 178 1364746
roland.graeter@gmx.net
musikmarathon.com
vimeo.com/9573170
http://www.pix-o-rama.de/2011/05/05/auszug-aus-dem-musik-marathon-2011/.
http://sendbigfile.net/download.php?sid=hRz9iWnq

#201 im babasu mit dirk friedrich, philippe micol, thorsten töpp, detlev noll, till steinbach

zunächst ein solo von mir, philippe micol hat das so eingefädelt:
ein echtes graeter-solo: rauchig, verspielt, huschende tonschnipsel über alle tonlagen, brüche, liedhaftes, bestrebungen, durch bezugstöne doch immer wieder harmonie zu schaffen, gestisches... 

dann steigt philippe mit der bassclarinette ein, sehr frei und schön, und irgendwann kommt dirk friedrich mit seinem wunderbaren spiel auf der chromatischen mundharmonika dazu, mit etwas hall belegt.  

der rest der 36,5 minuten besteht aus diesem ungewöhnlichen trio. für mich ist das musikalisch eins der bisher überzeugensten konzerte meiner tour.
die drei instrumente sind sehr gut zusammengestellt. danke, lieber philippe.

ruhe, harmonie, abstraktion, lyrik, ausgewogenheit, zurückhaltung, virtuosität kennzeichnen dieses trio-konzert. keine sekunde langeweile.

mein gefühl, in diesem zusammenhang doch eher ein urgestein-musiker zu sein, betrachte ich mit milde. es passt zusammen. 

grosse pause.

dann geht es noch abstrakter, noch ruhiger, weiter.  ich störe die langen töne mit der flöte. kleine verträumtheiten.  längeres solo von dirk. 

nahtloser übergang ins duo mit thorsten töpp, e-gitarre und till steinbach, vocals, plattenspieler und electronics... 

eine partitur des ablaufs des abends kann man bei philippe micol bekommen. 
die zugabe des marathons ist ein 4-minuten-solo in der zweiten halbzeit, nach zwei weiteren formationen nach der pause. nach einer musikalischen einlage der leute an der bar endet der abend mit einem tutti...

alles zusammen eine runde sache mit aufmerksamem publikum. vielleicht ein bisschen zu lang gegen ende... 

roland graeter
+49 178 1364746
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musikmarathon.com
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