20110317

mm#74 mit glas-performer florian lechner beim schamanen willee shaman regensburger

shaman willee rollt für uns vor seinem grossen atelier bei vachendorf den grünen teppich aus, der von bronzenen löwen beschwert wird (damit er nicht vom chiemsee-wind weggeblasen wird)
florian trägt eine riesige ovale glasschale und einen schweren gamelan-gong die rampe hoch über den grünen teppich auf die bühne, sowie bambusstangen, eine glas-kugelbahn und viele interessante dinge mehr. georg aus rumänien filmt unser konzert.

erwartungsgemäss beginnt das konzert mit einem gongschlag (allerdings auf einen etwas kleineren paiste-gong) und meine stimme und parallel das cello nehmen die wässrigen sounds, die dann folgen, sofort auf. ich bugsiere mich durch diese fragile, meditative, aber gläsrig-schneidende klangwelt, stosse mich an den klängen ab oder führe sie mit der emotionalität meiner stimme zusammen...
im zusammenhang mit den schrecklichen ereignissen in japan entschlüpfen mir aber auch nachdenkliche wortfragmente, kaum verständlich, merkwürdigerweise wie meist in englischer sprache: <can't bear it: inner cities...was sinn' denn das, innere städte?...> und die bambusstäbe werden zu brennstäben...nein, sinn macht das nicht, aber jeder merkt damit, dass es wohl in allen köpfen arbeitet und dass das bei diesem improvisationskonzert ganz natürlich an die oberfläche gespült wird.

bei einer wort-improvisation ist  <nippon...nipp davon> vernehmbar und dieses nippon geht ins schlagen eines taktells über...

der gong erinnert an den ard nachrichtengong und ein bimmelnder wecker ist der inhalt der nachrichten.

das grundelement dieser performance: plätscherndes wasser und romantische sprachlosigkeit.

die klingenden glasobjekte florian lechners sind einfach zu schön, um an das im atomblitz von hiroschima und nagasaki geschmolzene flaschenglas zu erinnern. 

wir machen hier <nur> musik.  trotz einiger eindeutiger assoziationen ist diese performance im wesentlichen rund, geniessbar, teilweise genüsslich: ich kann mich nicht verleugnen. 

am ende, das  einige minuten zu früh kommt, heftig. glas bricht.

der nachtisch (gott to go) ist genüsslich-grotesk. 
 
teil 1: solo mit der spuck-flöte
teil 2: duo rhythmus/gesang



 
 


nachtrag von dominique rebourgeon zu #64 am 5.3. in waldenbuch

Lieber Roland,

um so wichtiger deine menschlichen, sprachlosen
Äusserungen, denn die Zeit hat immer noch ihre
Unterkunft im ehemaligen, unaussprechlichen JETZT,
und es wird so bleiben...ohne Linearität...(die schlimmste
Linearität für uns Musiker ist die Partitur, sie erstickt die
Jetzt-Gedanken). Es ist unentbehrlich geworden das JETZT
zu improvisieren...und dass man sein eigener Meister
zu werden hat.
So gesehen ist 365 auch keine Linearität.

À présent...maintenant...subitement...immédiatement...
directement...de suite...spontanément..à brupt...
d´un coup...d´un seul coup...

Dominique