20110603

#151 mit dietburg spohr, edith murasov, martina scharstein, rica rauch

ich bin nun der schneeball, der beiseite wegrollt: so endet die zweite einführungsrede von gerhard koch, aus der rede geschubst von dietburg spohr: wir wollen die zweite runde unseres marathon-abends bei hans widmer beginnen. 

draussen schon hat gerahard koch in den ersten teil eingeführt, den wir vor elementen der berliner mauer, die sich hans widmer gleich nach der wende hat antransportieren lassen, darbieten. wir sind dort draussen in flucht-position wegen drohenden regens. mein cello spiele ich stehend. fluglärm und wind und das publikum, das sich  diskret fern von uns aufstellt, tragen wenig zu einer konzentrierten performance bei. dennoch gelingen uns diese ersten 15 minuten gegen ende immer intensiver.

der hauptteil des konzertes beginnt sehr trocken im satt mit wollteppichen und teppichboden und vielen kissen ausgestatteten wohnzimmer. der rest des hauses ist im wesentlichen ein grosses stoff-rollen-lager. viele, viele gäste. 

reiben auf dem cello, stimmen, tamburin mit kügelchen, schluck-weise kommt es aus der kehle, oh, oh, oh,  yaeh......

rhythmischer klamauk, gesangsstimme, lachende stimme, hexisch, indianergeheul, ein lied. aaah.... wiederaufnahme de des schrubbens, das cello als waschbrett... dann volksgemurmel, gegacker, waldteufelknarren: mundharmonika-stimmgemisch: grotesk, lustig, clownesk, durchgeknallt. täterätätä auf der bluesharp, gesänge wie eine gartenschnepfen-imitation, auch ich  mach mal auf hysterisch. 

neubeginn: wir kauen noch an den ratten von gestern, keine ratten heute, sie sind alle abgenagt: erneutes schrabben, rhythmus, der den gesang tragen will, der darüber schwebt, hier mal erfrischenderweise als solo-linie.
 
stöhnen, rattenfreie stöhnsounds, stöhnende ratten, rrrr, wir quetschen die sounds aus zu rattensaft, rattensaft schmeckt... das wird nicht so, wie der herr widmann das kann...(bezieht sich darauf, dass sich die 3 sängerinnen immer mehr in stoffbahnen einwickeln). 

alles was keine dekoration ist, ist musik, alles was den geringsten verdacht an theater macht, taugt nichts, das hier taugt aber was, aber was?... viele fetzen mit statements, meinungen. 

dann geht es vibratoreich und sirenen-bedrohlich weiter, la belle et la bête...djingle bells, djingle bells...das hauptproblem von sängerinnen ist, dass sie nie aufhören ...und ich versuche, das jetzt ein bisschen in regulative bahnen zu bringen, indem ich...singt doch weiter, singt doch weiter.. wir hören dir zu...neinneinneinnein, ich erzähl' so nicht weiter, das geht nicht, ich brauch den klang. also wenn sie zuhören... ich möchte einzelne sängerinnen jetzt einfach 'n bisschen abwürgen, eindämmen...damit ein bisschen mehr... warum ausgerechnet mich....weil: du bist schön. du bist schön, du bist schön...

nebenbei konzentriere ich mich auf rhythmisches erzählen:
<man muss sich daran laben von morgens bis abends und in der nacht... altgedient ist mein hirnknäuel...>

heulen nach athen tragen! 

und weiter mit rhythmus im hintergrund und dann sind wir plötzlich alle rhythmisch und leise gleichzeitig.
<how do you rap this, wrap this!>

die ganze show ist ziemlich inhalt-getragen, wenn nicht direkt, so kann man doch äusserungen zuordnen: gestern mehr husten, heute mehr stöhnen. 

dann tröten alle frauen durch pappröhren. hört sich wie ein vorgeschmack auf die trompete von michael sell an, der morgen mit dabei sein wird.

flüstern, noch lang nicht vorbei alles hier, habe alles im griff,...beängstigend, alles klar hier, sehr erotisch,  macht weiter, singt weiter, die mauer, wo ist die mauer, ich hol' die mauer gleich da rein, wir brauchen hier die mauer, die brauchen wir...wo ist.. die mauer? weg, weg, da, weg, weg, da, da, da ist...ich krieg bald keine luft mehr...

dann wieder gesang mit rhythmus, der das ausklingende gestöhne überlagert: <die gedanken sind frei---> und endlich schwimmen wir alle im selben rhythmus und ich singe dazu, was ich schon immer wollte: nichts genaues, aber richtig schön. immer mal wieder anlehnung an was gekanntes: <mut! mut! mut!>

mir wird ein stoffballen übergestülpt.

dann dietburg während meines sing-berichts: 

i think he is a little bit exhausted... slightly getting crazy, we cancel the concert tomorrow, oh what a nice idea, ok, tomorrow what a good idea. und weiter: what, he is not dead, he is a nice guy, we know him...no, nix mitgekriegt. soll'n wir ihn befreien? ich denke ja, jaaaaaaaaaah. 36,5
ich hab mitgezählt, stimmts? dann sind wir fertig.

zugabe. das cello wird hochgestimmt...gastgeber hans widmann will ein solo, so eines wie er es im februar 2010 bei <kunst gegen kälte> von mir gehört hat...die zugabe dann ist wirklich besonders, was ganz anderes...wirklich schön, das tambourin schlägt, das ensemble agiert fröhlich und unbeschwert, 
teilweise virtuos, das cello-solo wird eingesponnen.

roland graeter
+49 178 1364746
roland.graeter@gmx.net
musikmarathon.com
vimeo.com/9573170
http://www.pix-o-rama.de/2011/05/05/auszug-aus-dem-musik-marathon-2011/.
http://sendbigfile.net/download.php?sid=hRz9iWnq

#150 mit dietburg spohr, mezzosopran/ edith murasov, sopran/martina scharstein, sopran

eine erfrischende und informative einführungsrede von gerhard koch.  die normierte westlich-abendländische kultur dominiert. 
...die schrift dominiert in dieser kultur. schriftfixierung prägt auch die musik. scheibe hat bach scharf kritisiert, da er minutiös alles genau ausschreibt... seit 1970 festivals mit neuer musik und auftauchen von improvisations-ensembles: in italien: nuova consonanza...

graeter hat das prinzip einer figur aus alice im wunderland übernommen: der verrückte märzhase feiert 364x seinen nicht-geburtstag. seinen geburtstag feiert roland graeter aber auch mit einem improvisations konzert. er feiert 365 mal. 

guten abend entschlüpft es mir, als wir alle gleichzeitig auf die bühne gehen. das wird von den drei belcanto-frauen sofort aufgenommen und es wird guten abend dekliniert. der raum füllt sich erst mal mit diesem <guten abend>. ich füge noch einige pizzikati hinzu.

es dauert einige zeit, bis etwas in fahrt kommt. da ist eine hohe dichte des <sopranen gesangs> und ich spüre nicht die notwendigkeit, mich nennenswert einzumischen. vokale klangteppiche,teilweise mit sprache gemischt, schweben so schön dissonant durch den raum, dass sie im ohr schmerzen.

momentan finde ich keine musikalischen ideen, nichts, das  etwas auslösen würde, bis ich irgendwann doch platz für ein kleines cello solo spüre, das dann in ein recht gut vernetztes, heftiges duo zwischen belcanto und dem cello übergeht.

wenn dann verbale bezüge so direkt mit den bühnen-protagonisten (peinlich...auf einem cello sollte man bach spielen) zu tun haben, weckt das in mir kaum etwas, jedenfalls nichts musikalisches. auch symbolische erschiessungen nicht.  herumrennende ratten schon eher, ich rat(t)e dir ab, sie zu töten. zwischendurch immer wieder kleine musikalische hysterien.

ich singe, dass mir das meer etwas weissagt, die frauen unterbrechen mit rattattattatatt....und erschiessen den song, den ich singe, oder vielleicht auch etwas anderes.  
 
mehr musik höre ich, als ich das cello weglege und mit den drei mikrotonal gestimmeten lockpfeifen operiere. es bildet sich erneut ein klanggeflecht, dieses mal aber teilweise rhythmisch und sensibler als die vorigen. mehr berührungspunkte. 

ich kann dann auch durchaus mit meiner stimme neben dem frauengesang bestehen. wenn ich etwas konsistentes beginne, folgen mir die stimmen sogar. gut, dass nicht zu sehr.

...macht dich das nevös? he looks like..., he's concentrated, everything...alles viel zu direkt für meinen geschmack. hat alles weder mit musik noch mit theater zu tun, eher eine öffentliche anmache...stören tut michs nicht...oder doch? ich gehe schliesslich auf dieselbe ebene und kritisiere unser konzert...
tolle stimme, eigentlich ist er schon ganz gut.
ich: it leaks.... our concert leaks...
sollen wir uns jetzt erst mal verbeugen?

räuspern: daraus entsteht etwas, da höre ich einen rhythmus heraus, der sich ganz gut verhakt im dichten singsang, der dann mit einem ratternd-rhythmischen cello fortgeführt wird.

das endet in eine pause der drei frauenstimmen und in einem kleinen lied von mir. n'abend.

...da kommt der senzenmann.

bei der zugabe übersetzt dietburg spohr nochmals meinen onomatopoetischen text, aus dem sie den senzenmann herausgehört hat, ins bayrische.

ich bleibe bei meiner kleinen kritik: die bezüge zum tatsächlichen geschehen auf der bühne sind zu direkt. nicht transzendiert. auch das husten, das die gesänge immer wieder unterbricht, ist mir als musikalisches element zu platt.  dennoch und wieder: ich lasse mich davon anstecken und huste am ende mit.

es dauert sehr lange, bis das gespräch mit nikola lutz losgeht. 
es gibt aufmerksame diskussionsbeiträge in kleiner, feiner runde. 


roland graeter
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