20120520

#365 tuttinale-konzert in der genezareth-kirche

kann man freie musik besser, ehrlicher treffen in seiner komplexität? 20 musikerInnen, die sich gar nicht kennen? von denen die meisten noch nie auch nur einen einzigen ton zusammen gespielt haben? ist das zufall? oder ist das gute musik weil, wenn man offene ohren und respekt mitbringt, gute musik einfach da ist?

klar, es gibt auch chaotisches, zu kakophone kakophonie: als die orgel das in erster linie von stimmen geführte ensemble aufmischt.
immer wieder hat das ganze etwas von dschungel, von drohenden tropen, von apokalypse, hexisch übertönt von gurrenden, jodelnden rufen, von selbst die orgel übertönenden repetitiven, vibratoreichen schreien...
 
die durch klaras stimme besänftigt werden...
eine einsame geige im breiten rausch der <musik sein wollenden selbstaussprache>. 

wie das dennoch klingt!  es könnte sein, dass stefan tiedje mit seinen klangschalen mehr meditative stille wünschte.  geprägt bleibt  das konzert auf weite strecken durch die immer wieder an arabisches hochzeitsträllern erinnernden frauenstimmen. 

ich werde auch an kate bush erinnert, an penderecki, an.. es ist nicht einfach, dieses  ringen und sich zusammenfinden von so vielen sensiblen musikern gebührend zu beschreiben!
 
zusammengenommen ist es eine ziemlich aufwühlende musik:

und obwohl fast jeder immer bei der sache ist, entsteht kein brei, gibt es dynamik, verschiebungen von links nach rechts, von oben nach unten. und immer, wenn der moloch sich etwas ausruht, ist da noch das plätschern, das weiterführt... einmal ist ein platz für ein vokalsolo von mir, lange geht das nicht... es scheint sich aber das klangbad ab da in richtung mehr instrumente, weniger stimmen zu verschieben. 

ein vokaler grund-sud bleibt indes...und schafft raum unter einem trompeten-solo. 

offensichtlich nähert sich, das höre ich jetzt, willem schulz mit seinem am boden holpernden stachel der mitte, den mikrophonen, die trompete bleibt dabei, beherrscht zusammen mit viel perkussion das geschehen.

das klavier versucht sich nach vorn zu pirschen, etwas elektronisches quietscht dann aber lauter, nikola lutz höre ich immer mal wieder, das saxophon tut dem konzert an dieser stelle gut, frank thomas gerdes macht sich an der orgel bemerkbar, dann gewinnt die leise, meditative und die geräusch-fraktion für kurze zeit die führung, dann ist es wieder sehr laut...und alles in orgelspiel getaucht. 

man spürt, dass es dem ende entgegengeht, das konzert hätte öfter so transparent sein können wie in diesen letzten fünf minuten... es ist nochmals die zeit der orgel und dann klatscht das publikum ins konzert hinein, was vielleicht das aller beste an diesem 365. marathon-konzert ist... man merkt, dass die musik nicht aufhören will!


brief an ursula u:

ja, das abschlusskonzert war heftig, 20 musikerInnen!!!...und obwohl sich jeder sicher ein wenig zurückhielt, in so einer freien sache wohl das gebot der stunde, waren es bisweilen doch gefühlte 50 musiker...

das schönste war das ende, als das publikum klatschte, vielleicht helfen wollte, die 36,5 minuten spielzeit nicht allzuweit auszudehnen. viele aber spielen einfach weiter und weiter, applaus und die musik wogen durcheinander ---WUNDERVOLL!

8.januar 2012