20110226

mm#56 mit fred madoeuf, percussions et yvon bayer, dudelsack, duduk, sopransaxophon


lange vorrede in miserablem französisch. mir fehlen so viele worte. egal. es geht ja dann doch um die musik.  meine befürchtung, dass ich vom dudelsack eventuell fürchterelich an die wand gespielt werden könnte, bewahrheitet sich nicht. yvon setzt  betreffs tonhöhe meist aufs "gerate wohl" an. das stört aber nicht. am cello versuche ich ein  dudelsack-imitat, das dann ausklingt: neuer ansatz, neuer ansatz, neuer ansatz... 
mein gund-wunsch, dass die dichte der 36,5, minuten nicht abreissen möge, geht hier nicht sehr in erfüllung. es kommt zwar keine verlegenheit auf, obwohl man erkennen kann, dass es sich um eine aneinanderreihung von immerhin sehr gut gelungenen kleineren versuchen handelt, die im wechsel geschehen, einmal von yvon, einmal von mir angeführt und immer behutsam durch fred verbunden, aber...

aber nichts. wichtig ist, dass auch dieses konzert einen klaren charakter aufweist. 

wenn ich mich allzusehr und allzulange auf die von yvon vorgelegte tonalität einlasse, wird mir müde ums herz und ich büchse aus, schleiche mich ins pianissimo und dann ganz heraus aus dem trio, bis die sequenz vorbei ist...

jetzt reagiert und agiert meine stimme tief zu fauchenden und wummernden geräuschen von fred, später verstärke ich die mit dem cello. yvon setzt wieder mit dem duduk ein und da funktioniert das trio auf anhieb sehr gut, obwohl wir beide etwas sehr sehr verschiedenes spielen.

bemerkenswert ist ein anfangs sehr ruhiges trio zwischen mir an der okarina, fred an etwas, das nach einem zwischending zwischen steeldrum und vibrafon klingt und yvon, der vogelgezwitscher beisteuert. dann wechselt dieser zur maultrommel und es kommt ein klarer beat auf, gebrochen und immer wieder durch laute, archaische einwürfe unterstützt. bis auch dieser teil zu ende ist, bleibe ich aber vorwiegend okarina-spieler.

dann eine sehr schöne vorlage von fred, dominiert von einem singschlauch. man wird  aber jäh durch den immer wieder einsetzenden dudelsack von yvon ins tanzende, sprudelnde leben zurückgeholt. auch endlich durch den beat von fred, der über eine kurze wegstrecke in die irische vorgabe einschwenkt. 

die hohen, langgezogenen töne des dudelsacks nehme ich auf und verfremde sie, anfangs fast unmerklich. aus alledem entspinnt sich ein quietschend, kreischendes duo zwischen fred und yvon. ich selbst bleibe bei meinem grundton.  fred lässt das konzert zart und meditativ-obertonhaltig ausklingen. 

die zugabe mit sopransaxophon (yvon) ist sehr frei, stockend, aber doch verbunden durch fred, der in unserer mitte sitzt. wir haben spass an diesem etwas statischen spiel, doch nach 3 minuten kommt eine etwas leisere, vorsichtigere stimmung auf.
die stockende atmosphäre bleibt bis fast zum schluss erhalten. ausklang wieder durch fred, unterstützt durchs schlagen aufs griffbrett und neuerlichen versuch, das stocken zu etablieren. ende.

schöne, absurde rede des maître de maison yvon bayer zum ausklang...sehr passend zum gesamten konzert  

mm#55 lyon grrrnd zero 21h30 avec laurent grappe, acousmatic sounds


animiert und futuristisch, frenetisch und dann doch wieder ruhig und souverän. laurent grappe schafft eine unterlage, ruhig und tragfähig, inspirierend durch ihren diskreten witz. die flöten, die durch einen rhythmischen blasebalg angetrieben werden, dann immer schneller, am ende hört man nur noch das rattern eines motors, der sich dann entfernt. ruhe.

ich allein auf weiter flur, schreiend, abgekühlt durch einen synthetischen orgel-sound. dennoch bleibt alles sehr ekstatisch von der einen seite, von der anderen ruhig, überlegt und schön gesetzt. ich überbordend, laurent sensibel, rational, integrativ.

erstaunlich, dass sich das konzert immer wieder verlangsamt,mit verheerender monotonie drohen will, die nur für sekunden <hier bin ich>sagen kann, um dann von witz, wollust oder schmerz hinweggefegt zu werden. 

hier kocht etwas, obwohl es keine herdplatten à la rolls rolf langhans gibt (#53) mit tatsächlichen wassertöpfen obendrauf. hier schmort etwas, aber aber hier brennt nichts an. 
alles in dieser konträren klangwelt zwischen metallig-maschinellem sound und extrem gesungener emotionalität scheint seine eindeutigkeit zu haben, seine zwangsläufigkeit. man kann sich dieses konzet einfach nur genau so und nicht anders vorstellen.  first take. only take. so stark hatte ich dieses gefühl selten.  ja, es ist ein hörspiel, ausgetüftelt bis ins letzte. nicht notwendig, einen kommentar einzufügen.

nein, ich kann nicht sagen, was das sagen will, irgend jemand wird es vielleicht in sprache übertragen können, was da vor sich geht. ich traue mir das nicht zu.

dieses konzert ist keine 36,5 sondern nur 28,5 minuten lang und auch die zugabe ist kürzer.  der qualität des konzert tut das natürlich nichts...für mich bisher eine der intensivsten und überzeugendsten begegnungen. hoffe nur, dass das andere auch so empfinden, auch wenn sie später ausschliesslich mit der tonaufnahme als beweisstück vorlieb nehmen müssen.