20110701

#179 mit 18 kindern der klasse 1a in stuttgart-obertürkheim

das ist mal ein konzert mit probe, ausnahmsweise. um 9 uhr morgens bilden wir im klassenzimmer einen halbkreis, die 1a-kinder sitzen auf ihren putzigen kleinen stühlchen, zum publikum hin geöffnet, zur klasse 4a, die um halb zehn kommen wird. 

einige summ-übungen. ich frage, was jeder gehört hat ausser summen. das summen der anderen. was noch? wir machen eine zweite summ-hör-übung.  

einige der kinder haben offensichtlich gelernt, wie man sich hinsetzen kann, wenn es um etwas meditatives, z.b. gemeinsam summen, geht.  man sitzt im schneidersitz, legt die angewinkelten ellbogen auf die knie, fühlt mit den daumen die anderen vier finger und berührt durch die beiden blütenknospen, die die hände so bilden, mit weitem blick in zwei bis drei meter entfernung den boden. oder man hat die augen geschlossen.
 
auf einem tuch in der mitte sind orff'sche instrumente ausgebreitet. die wahl fällt schwer, aber jeder soll sich eines für das konzert auswählen. drei mädchen wählen meine mikrotonalen enten-pfeifen. auch die triangeln sind sehr begehrt.

ich ermuntere die kinder, auch gleichzeitig ihre stimme zu benutzen. zu singen, zu brabbeln, irgendwelche laute zu produzieren. als ich sie zu beginn frage, womit man denn musik machen könne, kommen zunächst instrumente wie geige und flöte. und wenn keine instrumente da sind? man kann auch in die hände klatschen, sagt einer: ja, sage ich, der ganze körper ist ein instrument...es dauert aber sehr lange, bis jemand <singen>sagt. 

ein konzert ist ein konzert ist ein konzert: unser konzert ist der grenzwert eines improvisations-konzertes und ich nenne es jetzt mal <der hase hat ohren und schweigt>. hase, das haben wir, ziemlich dadaistisch-spontan (passt völlig zu diesem konzert) ausgemacht, bedeutet: wieder ganz leise werden und neu horchen, was passiert.  mitten im konzert sage oder singe ich öfter mal <hase> und strecke mit beiden händen eine von den fingern gebildete hasen-silhouette in die luft. (ja, ein bisschen dirigiere ich da dann doch)

ausserdem wird das, was ich (<herr musiker>) innerhalb unseres konzertes mache, aufgegriffen:
sei es, dass einige über die tröten, die ich spiele, lachen, oder darüber, wie ich die stimme benutze.  manchmal verstärke ich flüsternd, wenn irgendwo jemand redet statt zu musizieren. einige werden dadurch ermutigt, selbst die stimme zu gebrauchen und verlieren ihre scheu. 

wenn ich irgendwo einen rhythmus heraushöre, verstärke ich den spielerisch-sacht und viele nehmen ihn auf. glücklicherweise nicht alle: über eigenständigkeit und komplexe überlagerungen von wort, ton und rhythmus braucht man sich bei unserem konzert wirklich keine sorgen zu machen. in diesem alter gibt es noch keinen <session-effekt>,
der unser konzert in einem unwiderstehlich dumpfen sog untergehen lassen würde.

eins scheint mir sicher: erstklässler sind auf anhieb bessere improvisations-musiker als erwachsene.
die klasse 4a, die zuhörer, unglaublich aufmerksam. 

nach dem konzert, am ende der grossen pause, sitze ich im lehrerzimmer und will dem kollegium noch kurz ungezwungen vom musikmarathon berichten. das interesse ist allerdings sehr begrenzt. 




roland graeter
+49 178 1364746
roland.graeter@gmx.net
musikmarathon.com
vimeo.com/9573170
http://www.pix-o-rama.de/2011/05/05/auszug-aus-dem-musik-marathon-2011/.
http://sendbigfile.net/download.php?sid=hRz9iWnq

#180 mit der gruppe määr im atelier sigrid mertin

ein bemerkenswertes konzert. inmitten der 4 musiker, die zusammen schon viele jahre frei improvisierte musik machen, frei, oft rhythmisch, einfühlsam...fühle ich mich sehr wohl. wenige, doch genügend ausbrüche ins ganz freie, atonale.

der rhythmus wird von holger und vom bassisten immer durchgefühlt oder dann plötzlich wie auf ein zeichen gebrochen... 

neuer rhythmus, neuer drive. 

gitarrist michael hunold bleibt ziemlich im hintergrund, spielt aber sehr einfallsreich. mathias kunst am e-bass bildet mit holger zusammen das, was man die rhythmus-sektion nennen möchte: die beiden sorgen dafür, dass diese freie musik nicht allzu frei wird.  so ähnlich sagt mir holger das nach dem konzert. ich habe die rhythmus-verantwortlichen das ganze konzert über so empfunden, daß genügend raum für passagen blieb, die keinen rhythmus brauchen. dominik schneider hatte wohl am meisten die tendenz, die 
totale integration von uns fünfen zu brechen, jedoch immer völlig mit bedacht. intensives, maßvolles spiel. 

häufig musizieren wir alle 5, aber es gibt auch trio-und duo-passagen und welche, bei denen ich määr einfach nur zuhöre, wie sie ohne mich klingen.

das konzert mit määr ist eines, bei denen das publikum nach mehr verlangt und wir gegen 22 uhr noch weitere 25 minuten spielen.
 

roland graeter
+49 178 1364746
roland.graeter@gmx.net
musikmarathon.com
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