20110319

#77 himmelfahrtskirche mit johanna und thomas varner und dick toering


wir sprachen vor dem konzert von windgeräuschen...so stand das konzert plötzlich unter diesem thema. nicht dass das viel bedeuten würde: so ist freie improvisation eben... von wind ist dann nicht mehr viel hörbar: doch: dick erinnert sich daran...und auch ich greife das wort wind später im gesang wieder auf. 

insgesamt verleitet die schöne kirchen-akustik dazu, ruhig und meditativ zu musizieren und mich, viel mit meiner stimme zu machen.  ausserdem ist johanna eine fabelhafte cellistin und ich spiele das cello also nur dann und wann, wenn wir das meditative grundgefühl ein bisschen aufbrechen wollen, was bisweilen musikalisch ziemlich riskant ist.

diese kleinen, atonalen intermezzi sind meistens durch einen gleichbleibenden puls gekennzeichnet, bzw. fallen wir gemeinsam dort hinein. musikalisch mag das etwas einfallslos sein, aber es verleiht dem konzert auch einen zusammenhalt.

besonders schön ist eine nun wirklich windige, an wind erinnernde stelle, vorsichtig mit gitarre und cello getragen, dazwischen ein spezieller windvogel, der von der okarina und pfeiftönen verkörpert wird: inmitten von möven (dick) und johannas cello, das wie eine windharfe im nebel klingt.

daraus wächst ein von thomas initiierter rhythmus mit feiner, xylophonartig repetitiver struktur, auf die ich dann mit der darbuka und später mit stimme eingehe: und ich singe zwischen diesem feinen rhythmus und sensiblen schwell-smell-und wind-sounds von rechts und links, doch lötzlich klappert die darbuka wie eine schreibmaschine...und die stimme wird rezitativ.

sehr schön, dass mein fast immer hörbarer groove von johanna und dick eben nicht aufgenommen, sondern gebrochen wird, und zwar über eine lange strecke, sodass auch dieser konzert-teil unvergleichlich unaufgeregt-aufregend gelingt.

dann muss ich es aber doch irgendwann mit der stimme "übertreiben", werde sehr tierisch-knarrend und es entsteht ein weiteres, sehr freies intermezzo, das in einem arpeggio von johanna endet. 

dann ein sehr ruhiges, melodisches duo zwischen dick und johanna, von meinem bambusbesen auf cello unterfüttert.

dann steige ich mit dem cello ein, alles wird etwas dreckig, wir halten aber eine sehr gute spannung aufrecht.

einmalige intervention von thomas: die verleitet mich dazu, nochmals loszulegen. von der zeit her hätte schluss sein können.

dann noch ein ende.  
dick hat aber noch lust zu einem dritten.

und dann unerwartet: doch noch eine zugabe!    



#76 schulzki bei schulzki: flügel im kinderzimmer

hast du eine uhrzeit?...kurz vor neun sind wir durch (so red' ich schon)
zartes gezupfe im steinway. ruckeliger vokalvortrag, der seine überschuss-energie aufs griffbrett des cellos ablässt. der steinway benimmt sich zurückhaltend. ich breite mich auf einem zarten klangteppich aus. leise, zitternd und etwas hektisch. sehr differenziert. die trockene akustik des kinderzimmers schafft eine hohe intimität in unserem konzert, das sich meistens im piano-bis mezzoforte-bereich bewegt.

auch das folgende cello-solo schwebt über repetitiven  strukturen, die auf die saiten des steinways geklopft werden. tasten: immer wieder tasten. stefan tastet sich an mich heran, mehr als umgekehrt. 
ich glaube nicht, dass ich angst vor der stille habe: aber ich will nicht die spannung in einem konzert verlieren. deshalb bleibe ich aktiv.

sehr solistisch. dennoch merkt man, dass stefan schulzki immer bei der sache ist. 

dann schöne, melodische klänge auf den tasten. zum ersten mal in diesem konzert. wohltuend.
dazu gesang und pizzikato-töne. langgezogen. ruhig. sehr ruhig. ein pizzikato-doppelgriff verliert sich in ziemliche höhen. dann stolpert alles in ein duo neuer musik und ich gehe dazu über, die stimme mit der hand vor dem mund zu modifizieren.

schulzki bleibt an den tasten und wird lebendiger. er arbeiten in langen, sehr langen musikalischen zeiträumen. das ist wunderbar. 

dann liefere ich eine repetetiv-monotone pizzikato-idee, die stefan sehr schön aufnimmt.
 
ruhe. intermezzo von stefan schulzki.

versuch mit okarina und stimme. dazu brillianntes geklimper auf dem steinway. hier kann man mal von einem echten, ausgewogenen duo-part reden. 

kurzes solo von stefan.  horchend. dazu springbogen. gerät zu einem von stefan unterstützten, sehr eigenwilligen cello-solo. groovt. dann spricht der flügel sehr schön. wunderbare glissandis. bottleneck-artige sounds in den eingeweiden des flügels.

zaghafte melodie auf dem cello. gitarre. wo, verdammt, kommt plötzlich dieser gitarrenton her?

dann ein schlotzend-gutturaler gesang, unterstützt von tasten, teilweise von daumenklavier und darbuka, später mehr dynamik unter zuhilfenahme des wie immer entspannten und entspannenden tamburins. stefan spielt durchgängig schön und melodisch-verträumt. das passt sehr gut zusammen. 
dann nur noch tamburin und klavier. etwas merkwürdig zunächst, aber stefan entwickelt darüber etwas sehr schönes und dann klingt das konzert mit seinen immer leiser werdenden tönen aus. 

zugabe: freudig, heftig, besen auf cello, im flügel hüpfen glaskugeln. leise, wie zufällig klingende stimme. sprechend, lachend. rhythmische struktur, die durch einen lacher gebrochen wird. subtil.
einfach gut. 

das ganze konzert scheint mir press-fertig und eine veröffentlichung wert.