20110202

musikmarathon#32 im kloster horb am 1.2. mit karl hagen, akkordeon

dieses konzert ist ein höchst sensibles duo, indem karl hagen nach eigenen worten der teppichleger, der teppichgeber ist, auf dem ich mich ausbreiten, räkeln soll. nach belieben. und ich habe es getan, genossen, ausgekostet. insofern ist hier zwar immer zart das akkordeon zu hören, fast immer in harmonischer, ruhiger, meditativer manier...und so bleibt auch das ganze konzert verhältnismässig ruhig, wenngleich auch immer auf der lauer nach ausbruch. doch selbst beim freiesten, luftigsten solo schimmert die vorgelegte grundfarbe immer durch. karl hagen macht seine sache sehr, sehr gut und löst auch das ein: 
nämlich, dass er -wie ich in einem kurzen gespräch vor dem konzert insistiert hatte- nicht begleitung, sondern vollständig eigenständiger duopartner sein soll.

in einem zweiten teil lege ich das cello nicht weg, sondern schaffe nur platz, um das kleine daumenklavier auf meinem oberschenkel auflegen zu können. so kann ich daran zupfen, singen und gleichzeitig den cellokorpus als perkussioninstrument nutzen. es entsteht ein komplexes, bisweilen rhythmisches klanggeflecht, zitternde patterns... daraus geht ein sehr kleines verträumtes akkordeon-solo hervor.

dann eine schräg-verträumte ausflucht: und trotz der schrägheit bleibt alles ruhig. ich kann und will dieses ruhige grundgefühl nicht dauerhaft brechen...oder doch? nach 20 minuten geschieht etwas sehr neues, atonales, das auch abgehacktes, brüchiges, schroffes, kantiges, fragmentarisches, unvollkommes hat. 

und es tut diesem konzert dann doch gut, für eine zeit in eine  eisige welt voller unmusikalität zu schnuppern. vor allem die stimme wagt sich weit ins rezitative und emotionale vor...

wie häufig, geht für mich dann das konzert für eine weile fast im liegen, am boden kauernd, weiter. dazu hagen fast unhörbar...räuspern im publikum, der strohbesen schlägt rhythmisch auf den boden zu sehr hohen tönen des akkordeons:
leise, tastend: dann völlige stille. 

doch es geht weiter. nervenaufreibend. obwohl kaum etwas geschieht.  

dann sitze ich wieder auf dem stuhl, taste mich aber mit liedhaftem singsang an die darbuka heran, ein puls etabliert sich, den man anfangs aber nur dem gesang entnimmt und den man, immer sparsam bleibend, erst später in der darbuka erkennt. die artikulation wird zunehmend englisch, obgleich man kein einziges wort wirklich erkennen oder deuten kann. dann doch:
i could....aber was? no. zum ausklang wird der schöne akkordeon-teppich noch einmal majestätisch ausgebreitet...

die zugabe ist abstrakter als fast alles zuvor. wilder. aber genau so ist es richtig. das eis der meditation ist endgültig gebrochen und lässt so schon die trio-improvisation mit nikola lutz, die dann später, nach dem 3. öffentlichen marathon-interview kommen wird, ahnen. 

viel applaus für gute musik! ein anspruchsvolles, intuitives konzert, das beim publikum ankommt!... (so würde ich als journalist resümieren)