20110120

mm#19

"sie könnten das eins zu eins auf einem festival für neue musik präsentieren"...
könnten wir eben nicht, denn improvisierte musik ist einmalig. immerhin könnten wir den audio-mitschnitt zugrundelegen, hier und da was straffen, was verfeinern...und dann wäre es doch möglich. der musikmarathon als grosse material-sammlung für zeitgenössische kompositionen?

die schwierigkeit besteht eigentlich nur darin, wer sich die mühe macht, wer so eine arbeit interessant genug findet
ich für meinen teil musiziere lieber und stelle meine musik dem vergessen anheim:

musik und vergessen...ich glaube, es gibt eine schrift eines französischen philosophen (daniel charles?), die so heisst (merve verlag?)

vielen dank, liebe birgit schmitz-rode, lieber stefan blank und werner glatzle, für dieses wunderbare konzert im alten jugendstil-hallenbad kunstmuseum heidenheim, das momentan fotografien von bauruinen nie gebauter ferienparadiese in der wüste zeigt...

mm#18

heute setze ich einfach mal die kritik aus der nwz göppingen  von monika uldrian zu mm#18 in den blog:
 
"Kauf dir nen Porsche. . ."

Zell u.A.  Musikmarathon 2011- das bedeutet 365 Konzerte an 365 Tagen. Die Zeller Scheune übernahm für den "18. Tag" die Patenschaft. Initiator Roland Graeter improvisierte an diesem Abend mit Meike Krautscheid.

Barfuß, mit geschlossenen Augen, bespielt Roland Graeter sein Cello, Partnerin Meike Krautscheid lächelt ihn häufig an - die Abstimmung miteinander läuft aber nicht über den Blickkontakt, allein die Töne und deren Färbung weisen die Richtung.

Der Musikmarathon, den Graeter für dieses Jahr anvisiert hat, ist ein Parforceritt sondergleichen: Veranstalter, Musiker und Publikum wissen im Vorfeld nicht, was sie erwartet. Das ist spannend, nicht ohne Risiko. Graeter gibt in seinen Improvisationen ein musikalisches Thema vor, Krautscheid nimmt Phasen auf, es entstehen Variationen mit Bass und Gesang. Sie lassen Silben, einzelne Laute entstehen, reihen sie aneinander. Abseits von Gewohntem hört das Ohr genau hin - ein hoher Ton durchschneidet den Lauf, Meike Krautscheid macht schmatzend-schnalzende Geräusche, kitzelt mit dem Bogen den nackten Fuß Roland Graeters - die Musik nimmt einen Wendung, beide zeigen Mut zur Selbstironie.

36,5 Konzertminuten muten kurz an, ohne musikalisches Drehbuch ist jedoch jede Sekunde für sich bedeutend. Was kommt als nächstes? "Ich versuche, nur zuzuhören und meinen Spaß an den einzigartigen Abenden zu haben", erklärt Konzertbesucher Jean-Pierre Garattoni. Als Komponist interessiere es ihn zu hören, was der Kollege so mache. Unberechenbar sei es, so Garattoni, ob die jeweiligen Musiker zusammenkommen - oder auch nicht.

Meike Krautscheid entlockt ihrem Kontrabass knarrende Geräusche, wendet sich ab, legt ihren Bogen beiseite und schlägt auf den Corpus des Instruments. Zupfend entlockt sie ihm neue Töne, Fingerschnipsen, rhythmisches Stampfen, kurz darauf singt sie "Oh Lord, wont you buy me a Mercedes Benz" von Janis Joplin. "Ja, ja Mercedes hätt i au. . . en Farbfernseher, en Farbfernseher, kauf Dir nen Porsche, kauf dir nen Porsche" nimmt Graeter den Ball auf.

Mit seinen Improvisationen geht der Musiker gern an Grenzen- ohne diese jedoch zu überschreiten. "Ich bin kein Musik-Clown, es muss immer wieder einen Weg zurück geben", macht Graeter deutlich.

Viel Applaus für ein ungewöhnliches Musikprojekt, das die Ohren mit Unerwartetem herausfordert - weit davon entfernt, im klassischen Sinne schön zu sein.

NWZ Göppingen

MONIKA ULDRIAN | 20.01.2011