20110826

#234 im zagreus berlin mitte mit bruno nagel, kochtopf, stimme, kuhglocke, eselsmist: dann kuttelsuppe

geniesserisches hinterhof-berlin. die kräuter für die küche wachsen im hinterhof. von curry über seltene minze bis zum beinwell. als ich ankomme, wird mir erst mal ein glass weisswein angeboten, bruno installiert neben dem kräuterbeet seinen gorssen kochtopf. dann legt er sich auf einen biertisch und ein freund malt ihm, frei nach man ray, mit schablone und filzstift, zwei f-löcher auf den rücken. etwas weiter unten als beim original. brunos rücken taugt für die aktion.  der freund, der die f-löcher zeichnet, bewundert brunos gesunde haut: schau mal, wie der filzstift darauf zerfliesst...was immer das für ein zeichen für gesunde haut sein soll.

wir beginnen halb neun. es ist fast schon dunkel. 25 leute finden sich für diese performance mit anschliessender kuttelsuppe ein. die köchelt in einem grossen kupferkessel überm feuer.
  
junge design-studentinnen, eine kanadisch-griechische journalistin, ein schweizer maler...fast alle sind stammgäste oder kommen immer mal wieder hierher. das ist auch kein wunder.  die kultur-essen sind ungezwungen und köstlich, die beiträge vielfältig: lesungen, eat-art-performances, vernissagen, musik...

es beginnt: uli krauss, der chefkoch, wetzt die messer, wir nehmen den rhythmus auf.  bruno reibt den kochtopf, rasselt, ich singe verträumt, nach einem schlag auf den kochtopf kommt eine zäsur, einige töne sind von der schlauch-panflöte zu hören.  bruno singt auch. er imitiert die stimme eines kontratenors, das passt zum sommerabend. dann wieder ein bruch, pizzikato und kuhglocken, die auf den boden geworfen werden, marktschreierische rufe, dann hauchen...hauche zu einem hauchzarten cello, und wieder hört man den kochtopf...und wieder die panflöte, wieder die stimme...

das duo cello-panflöte ist schön, aber nicht lange genug.  die folgenden rufe brunos erinnern mich an eine nies-orgie. und dann ein jauchzer...
das cello untermalt jetzt seine gesänge.  immer wieder hört man das knistern des feuers, über dem der topf mit der kuttelsuppe hängt. 

das steinfahren auf dem kochtopfboden könnte durchgehender sein, wir könnten damit schön abrauschen.  bruno bricht das performance-geschehen häufig.  ich weiss nicht, inwieweit ich das als qualität sehen kann. eher nicht. 

eine schöne stelle, bei der bruno mal dies mal das macht, und ich sehr verhalten im hintergrund ein lied singe. dann lasse ich bruno mit einem sologesang alleine, steige mit den monoton-pfeifen ein, bruno regt dies zu vogelstimmen-imitationen an, es sind immer grosse vögel, die er imitiert, tropische vögel.  rufe eines almhirten, dann wieder zurück an kochtopf und stein. 

es wundert mich, dass das publikum so ruhig bleibt.  diese performance ist schwer verdaulich und bisweilen  ziemlich kindisch. 
trotz irgendeiner nachbarschaft zwischen unserer musikalischen ästhetik sind wir meilenweit voneinander entfernt und nähern uns eigentlich das ganze konzert über kaum an.  

jeder lässt dem anderen raum. jeder zollt respekt. immerhin.  mehr passiert kaum.
 
einmal greife ich die flöte und steige auf den rhythmus von bruno ein.  da kann man sagen, es passiert etwas gemeinsames....

als bruno den eselsmist im eimer schüttelt, das hat auch akustisch etwas...doch es bleibt bei aktionen ohne dass die goldesel-melodie dabei erkennbar würde. als ich aus diesem dumpfen geräusch heraus musik machen will, ist bruno schon bei etwas anderem angekommen.
 
ganz zum schluss nochmal stimme und kopftoch-stein-reibe, dann vom cello begleitet. sehr leise. minimalistisch

viel applaus. 
  


 
roland graeter
+49 178 1364746
roland.graeter@gmx.net
musikmarathon.com
vimeo.com/9573170
http://www.pix-o-rama.de/2011/05/05/auszug-aus-dem-musik-marathon-2011/.
http://sendbigfile.net/download.php?sid=hRz9iWnq



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