20110418

#106 mit ralph gaukel in der marienkapelle friedhof essingen

die kapelle ist noch verschlossen, ich setze mich auf eine bank und blicke auf den riesigen friedhof.

die zwölf zuhörer hören sich zunächst den vortrag über die freigelegten und restaurierten wandmalereien in der kapelle an, eine kapelle, die gar keine ist, sondern der chorraum einer romanischen kirche, die 1831 abgerissen wurde. vermutlich wegen der noch frischen beerdigung des orts-adeligen von woellwarth entging der chorraum dem abriss.

wir beginnen 19uhr23.  cello.  ralph sucht einen einstieg mit oberton-gesang. eigentlich gelingt das. ich merke, dass mein cello nicht so gestimmt ist, wie ich möchte.  kurzer abbruch.
suchen. das konzert hat noch nicht wirklich begonnen, der obertongesang scheint momentan nicht ganz das richtige zu meinem cello-vortrag. 

ich verfolge eine durchhaltestrategie. der zweite einstieg von ralph mit der fujara ist gut. durchhalten, hören,... 
machen: die erfahrung aus 105 konzerten. 
machen und durchhalten: das schweisst jedes konzert zusammen?  
oder etwa machen aus angst: dass sich eventuelle ruhe ratlos anhören könnte? 

schneiden wir die ersten 3 minuten vorne weg und nehmen als konzertbeginn den moment, kurz bevor ralph mit der fujara einsteigt, dann ist das konzert eine völlig abgerundete sache:
meditativ und virtuos, ruhig und ausgeflippt zugleich. 

fragile ausgewogenheit.  das schöne, zarte, ausführliche duo mit der fujara mündet in eine kurze passage, bei der meine stimme hinzukommt. ein cello solo mischt sich mit oberton-gesang und mit meiner stimme. ralph sitzt dabei am didgeridoo (aus eukalyptus-holz) und führt schön in dessen klangwelt über. mit dem cello dramatisiere ich diese urklänge zunächst, verstärke, lege was leichtes drüber, umranke mit der stimme. das didgeridoo ist ein idealer ideengeber, ein genialer bordun, vor allem wenn es so farbig gespielt ist wie von ralph gaukel.   

im hintergrund setzt ralph auch einen <taktgeber> in gang.  der zeigt wirkung. ein unaufdringlicher puls, der immer wieder dann aussetzt, wenn wir das rhythmische zu sehr aufgreifen.
  
(rhythmus kann musik töten. hin und wieder sollte musik  rhythmisch eingefangen werden, dann aber wieder freigelassen werden) 

was die meiste musik heute kennzeichnet: ihre funktionalisierung.

improvisierte musik verträgt funktionalisierung überhaupt nicht. vermutlich hat sie es deshlb so verdammt schwer. es soll aber auch leute geben, die sonnenbaden, weil sie einfach gerne die sonne auf ihrer haut spüren und nicht, weil sie braun werden wollen. 

wir spielen mit elementen dieser funktionalisierung. mit elementen, die in der meditativen musik verwendet werden.

jetzt die shruti-box, die das didgeridoo ablöst. obertongesänge, die über ihr schweben.  ich kreise derweil mit dem bogen über die saiten. hebe mit trillern und vibrato einzelne hohe töne,
die im obertonspektrum erscheinen, hervor. rhythmisiere, lege zittern in die ruhe, dann ein perkussives grollen. ausklang.  atem.  sehr leise. atem und rhythmus. ein künstlicher atemrhythmus. alles ist musikalisch gedacht, auch die stimmlich-melodiösen ausreisser, die ich darüber lege. 

die hang ist eine art steeldrum, konvex wie ein busen, dessen schönste stelle mac den schönsten klang macht.  mit der stimme begleite ich die hang etwas waghalsig, etwas holprig, aber melodiös. liedhaft. bruchstückhaft.  meine kalimba bricht diese schönheit und verlangsamt das tempo. schafft räume der besinnung.   

unser konzert gliedert sich natürlich. immer dann, wenn jemand von uns das instrument wechselt, geht ein stück ins nächste über.

von der besinnung in einen schnellen rhythmus mit schnörkeln, mit innehalten, mit erneutem klang der hang in einer einfachen, rhythmischen melodie. dazu gesang. ausebben. 


die zugabe ist entspannt, experimentell, entsteht aus einer putz-aktion auf der oberfläche des cellos. geräusche zum spiel der fujara. zupfen am saitenhalter, zupfen unterhalb des stegs. reiben, quietschen. zwischen zufällig und rhythmisch. für mich eine gelungene mischung. 
plötzlich eine melodie... 


 











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